Phryne Vor Den Richtern - Ein Sammelband Über Die Ästhetische Inszenierung Von Nacktheit Im Kulturvergleich : Literaturkritik.De

Nur einer kann sie ironischerweise nicht sehen, der Ankläger, dem das Gewand wie ein Vorhang den Blick verdeckt und ihn fast im Dunkeln verschwinden lässt, während Phrynes Leib im hellen Licht erstrahlt. Nur ihr Kopf liegt im Schatten ihrer Arme, die sie sich schützend vor Gesicht und Augen geschlagen hat, während ihr Körper, der in hoch aufgerichteter Haltung die Reize der Hüften und Brüste betont, den Blicken der Männer ausgesetzt ist. Wohl kaum je sonst wurde Nacktheit in ihrer geschlechtsspezifischen Codierung derart prototypisch inszeniert, wie in dem hier beschriebenen 1861 erstmals ausgestellten Gemälde "Phryne vor den Richtern" aus der Hand des Künstlers Jean Léon Gérôme. Dieser Auffassung ist auch Gabrielle Brandstetter, die in dem Gemälde die "Begründungsszene der Evidenz der Nacktheit" sieht. Doch fällt ihre Interpretation der in der Momentaufnahme des Gemäldes dargestellten - möglicherweise unhistorischen - Anekdote nicht ganz überzeugend aus. Phryne wurde von Euthias einer todeswürdigen Gotteslästerung beschuldigt: sie sei bei den Aphrodisien in Aigina nackt ins Meer gestiegen.

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Werk der Woche: Jean Léon Gérôme »Phryne vor den Richtern« 1861. Mit Selvi Götepke Einzelne ausgewählte Werke aus der Sammlung oder den Ausstellungen werden ins Blickfeld gerückt: Eine halbe Stunde lang betrachtet Selvi Götepke das Werk »Phryne vor den Richtern«, 1861 von Jean Léon Gérôme. Als besonderen Leckerbissen zur Mittagszeit bieten wir Ihnen dieses Format kostenfrei an. Nehmen Sie sich also Mittwochmittags eine halbe Stunde Zeit und genießen Sie eine Kunstpause der besonderen Art! Teilnahme: 0 zzgl. Eintritt, im Vorverkauf erhältlich. Treffpunkt: Lichtwarkgalerie / Altbautreppenhaus / Empore Zuzüglich zum Veranstaltungsticket benötigen Sie eine gültige Eintrittskarte für die Hamburger Kunsthalle. Über tagesaktuelle Bestimmungen informieren Sie sich bitte vor Ihrem Besuch auf der Website der Hamburger Kunsthalle: "

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Bei vermögenden Sammlern des 19. Jahrhunderts kamen solche Motive gut an. In diese Reihe gehört auch Gérômes in der griechischen Antike angesiedel­tes Phryne vor den Richtern (1861). Als die Hetäre Phryne der Pietätlosigkeit angeklagt wurde, soll ihr Verteidiger Hypereides zu einem dramatischen Mittel gegriffen haben: Er riss ihr die Tunika herunter, um die Richter mit ihrer – einer Göttin gleichenden – Schönheit milde zu stimmen 3. Womit er naturgemäß Erfolg hatte; schließlich hatte Phryne bereits Praxiteles für eine Statue der Aphrodite Modell gestanden. Während Gérôme seine Hauptfigur ihr Gesicht schamhaft verbergen lässt, zeigen die Richter vielfältige Reaktionen von frivoler Neugier bis zum Schock; nur wenige bleiben stoisch unbewegt. Dem Gemälde gingen viele Studien des Gefühlausdrucks – von Männern – voraus. Unter den Malern, deren Figuren eine expressive Gestik und Mimik zeigen, nimmt Edvard Munch eine herausragende Position ein – schon aufgrund seines vielleicht bekanntesten Gemäldes Der Schrei (1893), einer Ikone der Moderne.

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[19] Nachleben [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Diese Szene stellte der französische Maler Jean-Léon Gérôme 1861 in seinem Bild "Phryne vor dem Areopag" ("Phryné devant l'Aréopage") dar. [20] Am 24. Mai 1893 wurde die Opéra comique "Phryné" in zwei Akten von Camille Saint-Saëns zu einem Libretto von Lucien Augé de Lassus uraufgeführt. 1906 wurde im Wiener Cabaret Hölle die burleske Operette Phryne mit der Musik von Edmund Eysler nach dem Text von Fritz Grünbaum und Robert Bodanzky aufgeführt. [21] 1907/08 schuf Ferdinand Lepcke eine Phryne, die im kleinen Rosengarten, Coburg, steht. Im Jahre 1922 nutzte der Rechtsanwalt Erich Frey die Phryne-Taktik, um für die wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses angeklagte Nackttänzerin Lola Bach Freispruch zu erlangen. [22] 2009 schuf der Künstler Andrew Lendzion eine Porträtstatue von Phryne. Sie zeigt Phryne als eine starke und selbstbewusste Person. [23] Der Asteroid (1291) Phryne wurde nach ihr benannt. Literatur [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Jacobs: Vermischte Schriften, Bd. 4.

Auch Apelles soll sie Athenaios zufolge (Deipnosophistai 13, 590), als er sie beim Fest der Mysterien von Eleusis nackt ins Meer steigen sah, für das nur noch literarisch überlieferte und oft kopierte Gemälde Anadyomene, "die Entsteigende", der aus dem Meer auftauchenden Aphrodite, als Vorbild verwendet haben. Doch als sie sich rühmte, der Liebesgöttin ebenbürtig zu sein, erfüllte sie einen Straftatbestand, den jeder Bürger durch eine Graphē, eine öffentliche Klage, vor Gericht bringen konnte. Sie wurde der Asebeia, der Gottlosigkeit, dem Frevel gegen die Götter, angeklagt. Im antiken Griechenland gab es weder eine Glaubensfreiheit noch eine Trennung zwischen Staat und Religion. Die Religion war Instrument und Identifikationsmittel des Staates. Und so kümmerte sich auch der Staat mit Institutionen wie dem Areopag um die Pflege und Reinhaltung des Glaubens. Dazu gehörte auch, dass nur der Staat die Gottheiten festlegt und diesen die Ehrerbietung zu zollen ist. Das Gesetz sah für das Verbrechen der Asebeia keine bestimmte Strafe vor; als solche kam nur eine Geldstrafe, die Verbannung oder die Todesstrafe in Betracht.

Freiheitsstrafen waren in Athen nicht üblich. In späteren Zeiten ging die Zuständigkeit über die Verhandlung der Asebeia vom oligarchisch geprägten Areopag, der ein oberster Rat von Beamten war, auf das Volksgericht, die Heliaia, über. Derjenige, der die Asebeia Phrynes zur Anzeige gebracht hatte, Euthias, soll aus Animosität gehandelt haben, weil er und sein Rivale Hypereides um ihre Gunst wetteiferten. Sie sei seinen Vorwürfen zufolge bei einem Komos, einem ausgelassenen Umzugsritus, ins Lyceum, einer Lehrstätte, gegangen, sie habe den neuen Gott Isodaites eingeführt und sie habe in einem Thiasos, einer religiösen Gesellschaft, Männer mit Frauen zusammengeführt. Der angebliche Rivale Euthias und Liebhaber Phrynes, Hypereides, war es jedenfalls, der sie im Prozess als Anwalt verteidigte. Athenaios schreibt (13, 590 EF): "Als Hypereides die Hetäre Phryne in einem Prozess verteidigte, ohne Eindruck zu machen […], ließ er sie vorführen, zerriss ihre Kleider, entblößte ihren Busen und brachte bei ihrem Anblick seine Beschwörungen in einem so mitleiderregenden Ton vor, dass er die Richter mit einer Art religiöser Scheu davor erfüllte, die Prophetin Aphrodites zu verurteilen. "