Oskar Maria Graf Verbrennt Mich

Während sich Millionen Deutsche darum bemühten, den neuen Machthabern gefällig zu sein und hunderttausende Frauen und Männer in die NSDAP drängten, um Macht und Karriere bemüht, fand sich mit Oskar Maria Graf ein Einziger, der just das Gegenteil verlangte – seinen Ausschluss von diesem "barbarischen Nationalismus". Tatsächlich hatte Graf, der sein Bayerntum bei Veranstaltungen gerne mit dem Tragen von Lederhosen unterstrich, mit den "Kalendergeschichten" auch Werke geschaffen, die bei flüchtiger Lektüre den Eindruck erwecken konnten, es handele sich um harmlose Schnurren aus Oberbayern. Die Auflage der Werke Zumindest lässt sich kein anderer Grund dafür finden, warum die Nazis den Sozialisten und Internationalisten anfangs als einen der Ihren betrachteten. Nun aber stellte sich gar heraus, dass selbst Grafs Appell "Verbrennt mich! " nicht ausreichte, um seine Bücher in Deutschland, wie erwünscht, aus dem Verkehr zu ziehen. Als Reaktion erschien in den Münchner Neuesten Nachrichten zunächst eine Glosse, dessen Autor schwadronierte, man habe die Werke Grafs für "viel zu unbedeutend gehalten, als dass wir ihn deshalb auf die schwarze Liste gesetzt hätten" – eine angesichts der hohen Auflagen, der sich der Schriftsteller erfreute, mehr als gewagte Behauptung.

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von Ulrich Kaufmann Im Gedenken an die Bücherverbrennungen vom Mai 1933 erschien ein halbes Jahrhundert später im Leipziger Kiepenheuer Verlag eine gründliche Dokumentation: Das seinerzeit auch in der "alten" Bundesrepublik geschätzte Buch trägt den Titel "In jenen Tagen – Schriftsteller zwischen Reichstagsbrand und Bücherverbrennung". Auf knapp 600 Seiten werden weit über hundert bekannte und vergessene Autoren vorgestellt, die von den neuen Herrschern verboten, verbrannt und verfolgt wurden. Im Fettdruck wird dokumentiert, wie der politische Gegner auf das Verhalten der verjagten Dichter reagierte. Im folgendenden soll betrachtet werden, wie sich Bertolt Brecht und Oskar Maria Graf, stellvertretend für viele andere, mit der größten Bücherverbrennung in der deutschen Geschichte auseinandersetzten. Keineswegs handelte es sich bei diesem Ereignis lediglich um einen symbolischen Akt, wie man oft liest und wie es die Brandstifter selbst behaupteten, sondern um eine systematisch vorbereitete, materielle Vernichtung unliebsamer Schriften.

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Vergebens frage ich mich: Womit habe ich diese Schmach verdient? [... ] Und die Vertreter dieses barbarischen Nationalismus, der mit Deutschsein nichts, aber auch rein gar nichts zu tun hat, unterstehen sich, mich als einen ihrer 'Geistigen' zu beanspruchen, mich auf ihre sogenannte 'weiße Liste' zu setzen, die vor dem Weltgewissen nur eine schwarze Liste sein kann! Diese Unehre habe ich nicht verdient! Nach meinem ganzen Leben und nach meinem ganzen Schreiben habe ich das Recht, zu verlangen, daß meine Bücher der reinen Flamme des Scheiterhaufens überantwortet werden und nicht in die blutigen Hände und die verdorbenen Hirne der braunen Mordbanden gelangen. Verbrennt die Werke des deutschen Geistes! Er selber wird unauslöschlich sein wie eure Schmach! (aus: Oskar Maria Graf: An manchen Tagen. Reden, Gedanken und Zeitbetrachtungen. Werkausgabe in 16 Bänden. Hg. von Wilfried F. Schoeller. Bd. 1-13. List Verlag, München/Leipzig 1994, Bd. 12, S. 15f. ) Des Öfteren schreibt und erzählt Oskar Maria Graf, dass seine Bücher nachträglich in der Aula der Universität München verbrannt worden seien.

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Eine solche Verbrennung ist faktisch nicht belegt, doch sprechen Reaktionen auf seinen offenen Brief, beispielweise in den Münchner Neuesten Nachrichten vom 2. Juni 1933, für eine offenkundige Androhung: "Aber wenn es der Herr Dichter durchaus will, nun wir sind garnicht so und pflegen Privatwünsche in diesem Falle sehr wohl zu berücksichtigen. Also, hinein mit ihm ins Feuer. " Eine Folge seines Aufrufs "Verbrennt mich! " ist die Ausbürgerung Grafs im März 1934, der von da an bis 1958 staatenlos ist. Zur Station 2 von 15 Stationen Verfasser: Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek / Dr. Peter Czoik

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Das alles harrt nun der wahrscheinlichen Verbrennung. Ich habe also mein Heim, meine Arbeit und - was am Schlimmsten ist - die heimatliche Erde verlassen mssen, um dem Konzentrationslager zu entgehen. Die schnste berraschung aber ist mir erst jetzt zuteil geworden: Laut "Berliner Brsencourier" stehe ich auf der "weien Autorenliste" des neuen Deutschlands, und alle meine Bcher, mit Ausnahme meines Hauptwerkes "Wir sind Gefangene", werden empfohlen: Ich bin also dazu berufen, einer der Exponenten des "neuen" deutschen Geistes zu sein! Vergebens frage ich mich: Womit habe ich diese Schmach verdient? Das "Dritte Reich" hat fast das ganze deutsche Schrifttum von Bedeutung ausgestoen, hat sich losgesagt von der wirklichen deutschen Dichtung, hat die grte Zahl seiner wesentlichsten Schriftsteller ins Exil gejagt und das Erscheinen ihrer Werke in Deutschland unmglich gemacht. Die Ahnungslosigkeit einiger wichtigtuerischer Konjunkturschreiber und der hemmungslose Vandalismus der augenblicklich herrschenden Gewalthaber versuchen all das, was von unserer Dichtung und Kunst Weltgeltung hat, auszurotten und den Begriff "deutsch" durch engstirnigsten Nationalismus zu ersetzen.

Aber wenn der Herr Dichter durchaus will, nun wir sind gar nicht so und pflegen Privatwünsche in diesem Falle sehr wohl zu berücksichtigen. " Diese und andere nationalsozialistische Reaktionen auf seinen Protestbrief ließen den emigrierten Autor vermuten, seine Bücher seien nachträglich in München verbrannt worden. In seiner "Nachschrift zu diesem Protest 1960" heißt es gleich zu Beginn: "Der Inhalt dieses Protests, […], berichtet über die Fakten, die dazu Anlass gaben. Die Folge davon war, dass die Münchner Studenten im Beisein der Professorenschaft meine Bücher in der Aula der Universität verbrannten. " Diese Aussage ist vielfach zitiert worden und gehört indessen fast zum "Allgemeinwissen" über Graf. Abgesehen davon, dass eine Bücherverbrennung in einer Aula eher unwahrscheinlich ist, gibt es für Grafs Vermutung keinen Beleg. Graf nimmt im Titel seines Protestbriefes indirekt den Heineschen Gedanken auf, wonach in der Geschichte auf eine Gefährdung für Bücher oft eine Gefahr für ihre Verfasser und die Menschen generell folgte: "Das war ein Vorspiel nur, dort wo man Bücher Verbrennt, verbrennt man auch am Ende Menschen. "